Pressemitteilung vom Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN)
GKN II jetzt für immer abschalten!
Weiterhin akute Super-GAU-Gefahr
EnBW will AKW Neckarwestheim II morgen wieder anfahren
08.07.2021
Noch hat sich das baden-württembergische Umweltministerium nicht geäußert, aber der Plan der EnBW, die aktuelle Jahresrevision des Atomkraftwerks in Neckarwestheim morgen schon vorzeitig abzuschließen, gibt ein deutliches Signal, dass EnBW und Ministerium erneut die Gefahr ignorieren. Umweltschützer/-innen fordern: Das AKW Neckarwestheim II darf nach der „Revision“ nicht wieder starten!
Das Umweltministerium hat immer noch nichts verstanden. Das Komplettversagen der Atomaufsicht geht weiter!
Nicht etwa eine genaue Anzahl gefundener Risse und anderer Korrosionsstellen legt fest, ob der Reaktor in zulässigem Zustand ist, sondern ob wieder ein ordnungsgemäßer Zustand der Dampferzeuger hergestellt ist. Flicken und Verstopfen hilft nicht, so lange die dicken Rostbeläge, die Spannungsprobleme, die Kondensatorlecks und die angegriffenen Heizrohre vorhanden sind und damit jederzeit weiteres unkontrolliertes Risswachstum bis zum Bersten von Rohren möglich ist.
Die korrosiven Prozesse im Reaktor lassen sich höchstens bremsen, aber nicht stoppen, so lange die Dampferzeuger und die Kondensatoren nicht ausgetauscht sind. Somit besteht weiterhin ein unzulässiger Dauerstörfall der Stufe INES 2.
Aus unserer Akteneinsicht in Unterlagen des Umweltministeriums wissen wir, dass neben den gravierenden technischen Problemen des Reaktors auch menschlich/organisatorische Fehler zu der gefährlichen Korrosion beigetragen haben, und dass die Korrosion ebenso aus organisatorischem Versagen der EnBW erst zu spät entdeckt und erst noch später auch nur im Ansatz verstanden wurde.
Offenbar ebenfalls organisatorisch-menschliches Versagen der EnBW steht hinter der fortbestehenden Fehleinschätzung, man könne die Korrosion beherrschen und den geschädigten Reaktor noch irgendwie über die weitere Laufzeit schleppen. Ebenso unverzeihlich ist, dass die EnBW einen Teil ihrer Abschätzungen zu den Korrosionsursachen aus dem Jahr 2017 bis 2019 vor der Atomaufsicht geheim gehalten hat.
Nun ist aber die Aufgabe der Atomaufsicht, neben der technischen Situation ebenso Management, Betriebsführung und Fehlerkultur des AKW-Betreibers zu analysieren und auch auf diesen Ebenen ein Versagen zu verhindern.
Das Gegenteil ist im Stuttgarter Umweltministerium der Fall.
Eine erste Aufarbeitung der menschlich/organisatorischen Fehler der EnBW geschah erst 2019 in Folge unsere wiederholten Kritik. Allerdings ließ man es offenbar im Wesentlichen dabei bewenden, die Fehler aufzulisten und auf eine weitergehende Analyse zu verzichten, weil es ja Vorgänge aus der Vergangenheit seien.
Offene Frage:
Wie lässt sich dieses strategische Wegsehen der Atomaufsicht erklären?
Aus dem Unterlagen geht ebenso hervor, dass die vom Ministerium hinzugezogenen Gutachter 2019 zunächst durchaus sehr kritische Fragen an die EnBW stellten. Umso unerklärlicher sind die
Persilscheine, die von diesen Gutachtern seither für den weiteren AKW-Betrieb ausgestellt wurde.
Und warum hat das Umweltministerium in allem Mitteilungen und Berichten zum Problem der Spannungsrisskorrosion, auch im Ablehnungsbescheid zu unserem Stilllegungsantrag von 2020, die menschlich/organisatorischen Fehler der EnBW und die (ungenügenden) Aufarbeitungsversuche dazu verschwiegen?
Es sieht so aus, als würde das Umweltministerium auch unter neuer Leitung nicht aus seiner riskanten Kumpanei mit der EnBW herausfinden.
„Kann es sein, dass die Atomaufsicht zum 5. Mal ein beschädigtes AKW wieder starten lässt, obwohl dieses längst die Vorschriften nicht mehr erfüllt? Wozu gibt es eine Atomaufsicht, wenn diese aktiv wegschaut?“ fragt F. Wagner vom Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN), und ergänzt: „jetzt sind Ministerin Walker und Ministerpräsident Kretschmann gefordert, das gefährliche Wiederanfahren des Atomkraftwerks zustoppen!“
Wir haben wiederholt belegt, dass die EnBW bei mindestens 4 Rohren in den Berechnungen getrickst hat und dass das Ministerium seine behaupteten Nachweise „Leck vor Bruch“ und „Integrität“ nicht liefern kann.
Sollten ein oder mehrere Rohre bersten, sind Schäden bis zum Super-GAU möglich. Es ist fatal und
unverantwortlich, dass hier einfach auf Zeit gespielt wird.
Gegen die Untätigkeit der Atomaufsicht haben wir zusammen mit dem Bündnis .ausgestrahlt beim
Verwaltungsgerichtshof Mannheim Klage plus Eilantrag eingelegt.
„Würde das Rost-AKWs noch vor der Entscheidung des Gerichts wieder angefahren werden, käme dies einem skandalösen Blindflug gleich, zumal noch dazu der Anfahrvorgang einen besonders kritischen Ablauf darstellt“, fasst Wagner die Brisanz der aktuellen Situation zusammen.
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