12-03-12 - Hst - Region Heilbronn - Kraniche erinnern an Fukushima

Neckarwestheim - 5000 Atomkraftgegner bei Demonstration zum Jahrestag der japanischen Atomkatastrophe

Von unserer Redakteurin Angela Groß

Weit mehr Menschen als ursprünglich angenommen haben gestern am Fukushima-Jahrestag in Neckarwestheim für „Atomausstieg sofort und Energiewende jetzt“ demonstriert. Der Veranstalter, der Trägerkreis „Endlich abschalten“, vermeldete 5000 Teilnehmer. Die Polizeidirektion Ludwigsburg schätzte die Zahl der Demonstranten auf 4000. Insgesamt haben 23 Gruppen und Organisationen die Aktion unterstützt.

Der bunte Zug mit den vielen gelben Sonnenblumen-Fahnen setzte sich am Kirchheimer Bahnhof in Marsch. Teilnehmer kamen auch aus Rheinland-Pfalz, Hessen oder dem Saarland, aus Stuttgart und Karlsruhe. Darunter waren nicht nur die Anhänger der Anti-Atomkraft-Bewegung der ersten Jahre, sondern auch einige junge Leute. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass der Ausstieg sofort passieren und Neckarwestheim jetzt abgeschaltet werden muss“, sagte Immo Rombach aus Dreieich bei Frankfurt. Von dort kamen zwei Busse mit hundert Teilnehmern.

Gedenken Auf dem Marsch zum Kernkraftwerk in Neckarwestheim gedachten die Demonstranten der Opfer in Japan. Schweigend passierten sie auf der Kuppe eine Zone, in der sich einige Momente der Nachdenklichkeit in die zuvor fast an eine fröhliche Familienfeier erinnernde Demonstration mischten. Schwarze Bänder wehten am Straßenrand. Bunte Kraniche, aus Papier gefaltet, flatterten im Wind, wurden aus Rucksäcken geholt und auf dem Boden abgelegt. Der Kranich als Symbol der japanischen Anti-Atomkraft-Bewegung und die japanische Flagge ergänzten das klassische Sonnenblumen-Symbol.

„Seit dem 11. März ist die Anti-Atomkraft-Bewegung in Japan wie neugeboren“, sagte Koji Mochizuki, ein Japaner, der in Deutschland als Umweltberater tätig ist und bei der sich anschließenden Kundgebung aus seiner Heimat berichtete. Bereits Grundschüler würden sich in Japan fragen, wie lange sie zu leben hätten – angesichts drohender Krebserkrankungen.

„Unser Mitgefühl gilt den Menschen in Japan“, sagte Herbert Würth vom Aktionsbündnis Castor-Widerstand in Neckarwestheim. Er erinnerte daran, dass in einem Radius um Neckarwestheim 850 000 Menschen leben, rund zehn Mal so viele wie in Fukushima. Würth thematisierte die problematische Endlagersuche: „Zunächst darf keine weitere Produktion hochgiftigen Mülls stattfinden, dann können wir weiter diskutierten.“

Konsequenz Die Politik arbeite nicht konsequent an der Energiewende, kritisierte Brigitte Dahlbender. Mit gestreuten Falschaussagen wie einer zusammenbrechenden Energieversorgung würde gegen sie gearbeitet. Die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz forderte viel mehr Energieeffizienz- und Einsparungskonzepte und kündigte an: „Wir werden nicht nachlassen“. Auch Valentin Hollain von der Europäischen Vereinigung Eurosolar sagte, dass der Ausbau Eneuerbarer Energiequellen ausgebremst werde. Den Menschen werde eine Energiewende verkauft, die in Wahrheit keine sei.

Hintergrund
Vogelsymbol

Der Kranich steht in Japan für die Anti-Atomkraft-Bewegung, symbolisiert aber auch Hoffnung, Glück und Gesundheit. Einer japanischen Legende zufolge bekommt derjenige, der 1000 Origami-Kraniche faltet, einen Wunsch erfüllt. red

Bildunterschriften:

Eine Trommlergruppe vorneweg, und mit vielen Plakaten marschierte der große Teilnehmerzug in Richtung Kernkraftwerk. Fotos: Andreas Veigel

Hunderte von selbst gefalteten Kranichen wurden auf dem Teppich abgelegt.

12.03.2012 - Heilbronner Stimme - Region Heilbronn - Angela Groß