Warmlaufen für den Widerstand in Heilbronn

Den Koalitionären auf die Finger schauen

Presse-Information vom 06.10.2009

Am Tag, an dem der Regen kam, folgten 38 Teilnehmer dem Aufruf von BUND und Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn zur Aktion „Wir laufen uns warm – für den Widerstand“, einer Demonstration von der FDP- zur CDU-Geschäftsstelle Heilbronn.

Zum Beginn der Koalitionsvereinbarungen fanden in ganz Deutschland derartige Aktionen statt, die größte in Berlin am Ort des Geschehens mit rund 1500 Teilnehmern.

Franz Wagner vom Aktionsbündnis Energiewende ging in einer kurzen Ansprache auf die jüngsten Aussagen zur Atompolitik ein. „Inzwischen weiß doch jeder in der der schwarz-gelben Mannschaft, dass eine ‚Nach mir die Sintflut’- Politik zum Atommüll beim Bürger nicht mehr gut ankommt“, rief er und erklärte „Wir schauen den Verhandlern auf die Finger und planen unsern Widerstand.“

Am Ende der Ansprache grüßten die Teilnehmer lautstark alle andere Städte mit Warmlaufaktionen und liefen dann in guter Stimmung, mit Transparenten und vielen Plakaten durch die Fußgängerzone und am Neckar entlang bis zur Geschäftstelle der CDU. Aus dem vorgesehenen Jogging wurde wegen der vielen Regenschirme und Anoraks nichts, dafür sorgten zwei schwarz-gelbe „Atommüll“-Fässer für Geräusch und Aufmerksamkeit

Unterwegs kamen dem Zug freundliches Hallo und Antiatom-Rufe von der Montagsdemo gegen  Hartz IV und Agenda 2010 auf dem Kiliansplatz entgegen. Vor der CDU-Geschäftsstelle wurde die Demonstration mit einem weiteren Redebeitrag abgeschlossen. Die Teilnehmer waren sich einig: „Wir kommen wieder!“

Der alte und neue FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Link nahm sich Zeit für ein Gespräch mit den Demonstrationsteilnehmern und hörte sich ihre Standpunkte an. Zusagen machte er erwartungsgemäß nicht, schlug aber ein Gespräch nach den Koalitionsverhandlungen vor.

Adresse für Rückfragen:
BUND-Geschäftsstelle Heilbronn
Lixstraße 8
74072 Heilbronn
Tel. 07131/772058
Fax 07131/772059

Artikel in der Heilbronner Stimme vom 10.10.2009


Text Ansprachen

Warmlaufen 5.10.2009 / Heilbronn / Teil 1 / bei der FDP

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Warmlaufens für den Widerstand,
Liebe Gäste und Passanten, liebe Mitglieder und Vertreter der FDP!

Noch für den Wahlabend hatte die Atomwirtschaft angekündigt, einen ersten
Verhandlungsvorschlag für die Laufzeitverlängerung der AKWs zu bringen. Bis heute ist
das nicht geschehen. Auch seitens der mutmaßlichen Koalitionäre wehte zu diesem
Thema in den letzten Tagen nur ein laues Lüftlein, das sogar mehrmals die Richtung
wechselte.

Es scheint sich zu bewahrheiten, dass die Frage der AKW-Abschaltung (schnell - langsam
- garnicht) mit der Auszählung der Stimmen noch längst nicht entschieden ist.
Sogar von einzelnen gelben und schwarzen Politikern ist zu hören, dass manche AKWs
auch früher abgeschaltet werden könnten als es im Atomgesetz steht.
Da ist manches Taktik, und es sind auch bereits einige Tricks vorbereitet, wie man die
Atomwirtschaft beschenken könnte, ohne dass es auffällt.

Aber eines ist ganz klar fest zu stellen: CDU, FDP und CSU sind nicht mehr einfach die
willfährigen Handlanger der Atomfirmen wie früher, sondern sie grenzen sich ab und
stellen Forderungen,
und das ist gut so!

Auch wenn es nicht alle aussprechen: inzwischen weiß doch jeder in der schwarz-gelben
Mannschaft, dass die Zeit für die Energiewende drängt; weiß jeder, dass mehr
Wohlstands- und Job-Potenzial in den Erneubaren Energien als in den AKWs steckt; weiß
jeder, dass für die Atomkonzerne an 1., 2. und 3. Stelle nur der Profit zählt und
keineswegs das Gemeinwohl; weiß jeder, dass eine „Nach mir die Sintflut“-Politik zum
Atommüll bei den Bürgern nicht mehr gut ankommt; weiß jeder, dass der
Grundlastüberschuss der AKWs die Erneuerbaren Energien belastet und deshalb jedes
Verschlechtern des Einspeisegesetzes und um 10 Jahre zurück wirft.

Vielleicht haben sogar einige die Taktik der EnBW durchschaut, die zurzeit wie ein
friedliches Lamm in Heilbronn Werbung für Stromsparen macht, tatsächlich aber noch
immer ein Wolf ist, der Kreide gefressen hat. Das ist nur eine weitere Variante der
Kundenbindung neben den Atomstrom fressenden Wärmepumpen, den Elektroautos und
den Spionier-Stromzählern.

Ja, man kann den Abstand, den schwarz-gelb inzwischen zu EnBW und Co hält, förmlich
spüren.

Nur ist das gegenseitigen Taktieren, Pokern, Brücken bauen und Fallen stellen der drei
Parteien, die heute ihre Koalitionsverhandlungen in Berlin begonnen haben, sowie ihrer
verschiedenen Einflüsterer, inzwischen derart unberechenbar geworden, dass wir zwar auf
Vernunft hoffen können, aber auch mit dem gröbsten Unsinn rechnen müssen.
Und deshalb sind wir wachsam.

Und bevor bei den Koalitionsverhandlungen vielleicht etwas heiß läuft, laufen wir uns
warm, schauen den Verhandlern auf die Finger und planen unseren Widerstand.
Das Warmlaufen machen wir heute sowohl in Berlin, am Ort der Koalitionsverhandlungen,
als auch hier in Heilbronn an den Büros der FDP und der CDU, als auch darüber hinaus in
mindestens 10 weiteren Städten.

Und ich möchte die anderen Kundgebungen grüßen und ich bitte Euch, dies laut mit mir
zusammen zu tun. Wenn ich eine Stadt nenne, beispielsweise Berlin, dann rufen wir
gemeinsam: (leise:) Berlin, wir laufen uns warm!

jetzt laut der Gruß nach

  • Berlin: Berlin, wir laufen und warm!
  • Baden-Baden: Baden-Baden, wir laufen und warm!
  • Bonn: Bonn, wir laufen und warm!
  • Dresden: Dresden, wir laufen und warm!
  • Düsseldorf: Düsseldorf, wir laufen und warm!
  • Erfurt: Erfurt, wir laufen und warm!
  • Hamburg: Hamburg, wir laufen und warm!
  • Wolfsburg: Wolfsburg, wir laufen und warm!
  • Mainz: Mainz, wir laufen und warm!
  • Marburg: Marburg, wir laufen und warm!
  • Tübingen: Tübingen, wir laufen und warm!

Und ein besonderer Gruß geht nach Gorleben, dort haben heute früh vier Leute von
contratom den Förderturm besetzt:

  • Gorleben: Gorleben, wir laufen und warm!

So, und nun wollen wir uns wirklich warmlaufen, und unsere Strecke führt über den
Kiliansplatz und die Kirchbrunnenstraße bis zum Neckar, dann geht es über die
Götzenturmbrücke in die Badstraße und dort zum CDU-Büro. Auch der CDU erklären wir
gerne, worauf es bei den Koalitionsverhandlungen wirklich ankommt.

Warmlaufen 5.10.2009 / Heilbronn / Teil 2 / bei der CDU

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Warmlaufens für den Widerstand,
Liebe Gäste und Passanten, liebe Mitglieder und Vertreter der CDU!

Nur 34% der Wahlberechtigten wählten Schwarz und Gelb, etwas mehr wählten die
restlichen Parteien, und fast ein Drittel wählte gar nicht.

Aber diese bescheidenen 34% Wähler reichten für die schwarz-gelb Mehrheit der Sitze.
Doch selbst diese 34% Wähler, sind zu einem großen Teil gegen Laufzeitverlängerungen
der AKWs eingestellt (CDU 44%, FDP 55%)!

Nach aktuellen Umfragen sind nur knapp 1/3 der Bevölkerung für eine Verlängerung, aber
noch ein wenig mehr für die Beibehaltung des sogenannten Atomkonsenses, und ein
weiteres Drittel ist sogar für einen sofortigen Ausstieg.

Das heißt, Laufzeitverlängerungen müssten gegen fast die Hälfte der eigenen Wähler und
gegen 2/3 der Gesamtbevölkerung durchgesetzt werden.

Stellvertretend für diese laufen und stehen wir heute hier.

Dazu sagte CDU-Fraktionschef Volker Kauder dieser Tage: "Wenn man etwas Richtiges
tut und davon überzeugt ist, dass es notwendig ist, dann darf man sich auch nicht durch
Androhungen des Drucks von der Straße davon abbringen lassen."

Da ist es mal wieder, dieses feudale Denken mancher Politiker, nach der Abgabe seiner
Stimme habe der Bürger zu schweigen…

Lieber Herr Kauder, geben Sie es zu: Sie fürchten nicht den Druck, Sie fürchten einfach
unsere besseren Argumente.

Man könnte ja durchschauen, dass Sie unsere Zukunft für einen Judaslohn von 40
Milliarden Euro an die Atomkonzerne verkaufen wollen.

1 Mio. € Gewinn pro Tag durchschnittlich pro altem AKW wird geschätzt:

Das ist kein Geld, das die großen Stromproduzenten zu Recht kassieren, das ist kein
Geld, das sie gnädig oder als Verhandlungsmasse für Klimaschutz einsetzen können, wie
es gerne von schwarz-gelb ins Spiel gebracht wird. Das ist Geld, um das die Versorger
ihre Kunden betrügen!

Durch zu hohe Strompreise, durch Preisbeeinflussung an der Strombörse, letztlich durch
Ihr Monopolwissen über den aktuellen Strombedarf und die aktuelle Stromproduktion.
Ich meine: Kein einziger zusätzlicher Euro soll an die großen Stromkonzerne fließen, von
dem die dann vielleicht großzügig 50 Cent einsetzen für Investitionen, die sie sowie hätten
machen müssen. Nein! Der ganze Euro, also die ganzen Millionen und Milliarden sollen
direkt in Erneuerbare Energien fließen! Dafür brauchen wir keine Geldwäsche bei EnBW
und Co., wir sind doch nicht blöd!

Diese Gewinne, die ja kürzlich für den Fall einer Laufzeitverlängerung auf zusätzliche 119
bis 233 Milliarden Euro hochgerechnet wurden, entstehen auch nur dadurch, dass wir, die
Bürger und Steuerzahler, die Kosten tragen. Also: Gewinne für die Großen, die Kosten
trägt die Allgemeinheit. So haben wir es doch gerne, oder?

Weder beteiligen sich die Konzerne an der Sanierung der Asse, noch tragen sie einen
angemessenen Teil der Sanierungs- und Entsorgungskosten in Karlsruhe (bei der so
genannten Atomsuppe usw.), noch tragen sie die Langzeitkosten der Endlagerung.
Und: sie sparen sich 99,9% der Haftpflichtversicherung für die AKWs!

Wir tragen unser Risiko alleine: Leben, Gesundheit, Freunde, Arbeitsplatz, Hab und Gut,
Heimat, allles können wir verlieren. Auf 5000 Milliarden Euro wird allein der Sachschaden
durch einen AKW-GAU geschätzt.

Haften müssen die Konzerne noch nicht einmal für einen Cent pro 10 Euro Schaden.
Es wäre ja auch keine Versicherung bereit, die ach so sicheren AKWs zu versichern.
Àpropos sicher:

Unsere Umweltministerin Frau Gönner von der CDU, noch hier im Land, vielleicht bald im
Bund, tut besonders schlau. Wörtlich:

„Wir sollten nicht Jahreszahlen festlegen. Entscheidend ist es, dass die Sicherheit der
Kraftwerke garantiert ist. Wir müssen Sicherheitsstandards festlegen, die sich nach dem
Stand der Technik fortentwickeln. Wenn diese, etwa durch technische Nachrüstung,
eingehalten werden, kann das Kraftwerk weiterlaufen. Wenn nicht, dann nicht.“
Liebe Frau Gönner, sie wissen, wenn man GKN I wenigstens gegen den Absturz eines
kleinen Flugzeuges sichern wollte, müsste man es abreißen und neu bauen. Sie wissen,
wenn man das Kühlsystem von GKN I auf aktuellen Stand bringen wollte, müsste man das
AKW abreißen und neu aufbauen. Runderneuern geht nicht.

Warum, Frau Gönner, haben Sie als Verantwortliche für die Atomaufsicht all die Jahre
GKN I trotzdem weiterlaufen lassen?

FDP-Vizechef Andreas Pinkwart sagt: "Es bietet sich bei einigen Reaktoren auch eine
frühere Stilllegung an als bisher vorgesehen"

Und wir sagen: Recht hat er! Aber nicht nur bei einigen, bei allen sollte man an eine
frühere Stillegung denken.

Wir fordern: Energiewende jetzt, keine Kompromisse!

Laufzeiten nicht verlängern, sondern Ausstieg jetzt!

Und Schluss mit Rechentricks, Schiebungen und Schummeleien!

Meine Bitte an die Teilnehmer hier:
haltet Euchauf dem Laufenden,
schaut auf unsere Homepage Energiewendeheilbronn.de,
tragt Euch in unseren Newsletter ein.
Und: wer noch nicht hat, wechselt am Besten heute noch zu einen echten
Ökostromanbieter.

Und Ihr, liebe Freunde von CDU, FDP und CSU: jetzt verhandelt mal schön für Euren
Koalition, aber denkt dran:

Wir passen auf Euch auf!

Danke.


Ankündigung:

Am Montag, 5. Oktober, beginnen CDU, CSU und FDP ihre Koalitionsverhandlungen. Und wir laufen uns warm für den Widerstand gegen jede Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken.
"Warmlaufen für den Widerstand" in Heilbronn am Montagabend, 18 Uhr von der Klarastraße 7 (FDP-Büro) zum CDU-Kreisverband in der Badstraße 14 (Route). Zeitgleich finden in ganz Deutschland viele Warmlauf-Aktionen statt.
Wir freuen uns besonders, wenn Ihr Fahrräder, Tretroller, sonstige muskelkraftbetriebene Fortbewegungsmittel, "Strahlenschutzanzüge", Sportkleidung (am Besten in weiß), Plakate, weitere Demo-Utensilien und viele Freund/innen mitbringt.