Bürgerinitiativen verlassen die Infokommission

Die BBMN-Initiativen ziehen Bilanz und stehen nicht weiter als Feigenblatt zur Verfügung
Abschalten ist das entscheidende Ziel – die Infokommission stützt den AKW-Weiterbetrieb.

Nach drei Jahren engagierter Mitarbeit in der Infokommission ziehen die Bürgerinitiativen eine kritische Bilanz und verlassen die Kommission: „Wir vom Bund der Bürgerinitiativen mittlerer Neckar (BBMN) haben versucht, die inhaltliche Arbeit in der Kommission voranzubringen. Wir mussten aber erleben, dass von uns lediglich Zustimmung zu den Vorstellungen des Betreibers und des Umweltministeriums erwartet wurde; kritische Beiträge waren nicht erwünscht und blieben unbeachtet. Der Bürger wird nur als Störfaktor angesehen“ beschreibt H. Heydemann vom BBMN die Schieflage des Gremiums und ergänzt: „Ständiges Schönreden des riskanten AKW-Betriebs durch die Atomaufsicht und die EnBW benötigt kritische Diskussion und bohrende Fragen, aber das ist gerade nicht gewollt“.

Aus Sicht der Bürgerinitiativen hatte die Kommission von Anfang an nie Interesse an einer tatsächlichen Bürgerbeteiligung. Sie verweisen zur Begründung ihres Rückzugs auf eine Reihe die Bürger fern haltenden Maßnahmen: abgelegener Ort, Ausschluss der Stadt Heilbronn, keine Videoaufzeichnung, kein Honorar für unabhängige Referenten, Verbot von Zuhörer-Fragen.

„Zudem seien immer wieder Anträge der Bürgerinitiativen, auch die nach einer Sondersitzung vor dem Erörterungstermin, abgelehnt worden“, stellt der BBMN-Vorsitzende A. Klumpp fest. „Für uns als Bürgerinitiative hat die Kommission mit ihren die Bürger diskriminierenden Entscheidungen in der letzten Sitzung eine rote Linie überschritten. Da die Öffentlichkeit unerwünscht ist, können wir in jeder anderen Form die Interessenvertretung der Bürger effektiver leisten als dort. Unter diesen Bedingungen ist unsere Mitarbeit nutzlos.“

„Wir konnten durch unsere ehrenamtliche Arbeit in der Infokommission viele Gefahren des Weiterbetriebs der AKWs benennen. Teilweise wurden diese sogar von den Experten des Ministeriums bestätigt, aber ohne ernsthaft darauf zu reagieren. Offensichtlich soll die Infokommission nur als Beruhigungspille der Bevölkerung dienen“, resümiert F. Wagner vom BBMN-Kommissions-Team, „erkennbar ist der Weiterbetrieb der AKWs das Ziel der Regierung, wie das ihrer Vorgänger.
Unser dringendstes Ziel ist die sofortige Abschaltung des noch laufenden, zweiten AKW-Blocks in Neckarwestheim.“

„Wir werden uns auch weiterhin gegen alle Atomgefahren aus Neckarwestheim, Obrigheim, Philippsburg und Karlsruhe einsetzen, gefährliche Atomtransporte ebenso kritisieren wie den fahrlässigen Umgang mit dem Atommüll und dem Abriss
der AKWs“, betont G. Patan von der mit dem BBMN kooperierenden Initiative AtomErbe Obrigheim, „aber wenn die Infokommission nur dazu dient, von der Untätigkeit der Landesregierung im Atombereich abzulenken, stehen wir Bürger
nicht als Feigenblatt zur Verfügung.“

Die Kritik an der Infokommission in Stichworten

  • Hauptzweck: Positionen von Umweltministerium und EnBW zu präsentieren, die den AKW-Weiterbetrieb rechtfertigen.
  • Das Gremium verstand sich selbst nie als Vertretung der Region, hat kein eigenes Selbstverständnis entwickelt.
  • Bürger sind völlig unterrepräsentiert, Bürgermeister, Landräte und Abgeordnete stellen 12 von 17 Mitgliedern.
  • Teilweise war bei den Sitzungen noch nicht einmal die Hälfte der namentlichen Mitglieder anwesend.
  • einzelne Mitglieder waren komplett sprachlos.
  • der Stadtkreis Heilbronn war nie einbezogen, trotz unmittelbarer Betroffenheit.
  • der Veranstaltungsort ist abgelegen, Vorschläge zur Ortsrotation wurden immer abgelehnt.
  • Bürger dürfen nur zuhören, keine Beiträge äußern und keine Fragen stellen. Eine Änderung dieser ängstlichen Ausgrenzung wurde von der großen Mehrheit der Politiker in der Kommission abgelehnt.
  • Vorträge der Referenten von Behörden und deren Gremien usw. sind aus Steuergeldern bezahlt, unabhängige Spezialisten und Referenten von Bürgerinitiativen sollen aber ehrenamtlich arbeiten.
  • Die gleiche Chancenungerechtigkeit wiederholt sich bei Genehmigungsverfahren und Gerichtsverfahren: Bürger werden finanziell und durch Kostenrisiken ausgebremst.
  • Das Ministerium gibt hohe Kosten für die Kommission an – wohin gehen diese Gelder?
  • Videoaufnahmen wurden seitens des Ministeriums systematisch verweigert, es wurde sogar eine externe Referentin gedrängt ihre Dreherlaubnis zurück zu nehmen.
  • Das Ministerium griff im Hintergrund und in den Sitzungen stark in die Arbeit der Kommission ein, obwohl es nur Beisitzer, aber nicht Mitglied der Kommission ist.
  • Die Kommission hat keinerlei Entscheidungsbefugnisse bezüglich atomrechtlicher Verfahren.
  • Sie könnte aber z.B. Resolutionen beschließen, um die Anliegen der Region zu vertreten. Sie hat das zu keinem Zeitpunkt getan.
  • Sie hat. z.B. die dringend notwendige Forderung versäumt, dass die Genehmigungsverfahren zu „RBZ“ und „SAL“ eine Öffentlichkeitsbeteiligung und eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung bekommen müssten.
  • Ebenso hat die Kommission es versäumt, sich mit dem Verfahren zur künftigen Grundwasserabpumpung zu befassen und mit dem skandalösen Vorgehen der EnBW bezüglich der RoRo-Schiffsanlegestelle (Abholzung usw.).
  • Die Kommission hätte während der Unterlagenauslegung zum GKN-I-Abriss ein öffentliches Forum schaffen müssen zur vertieften Beschäftigung mit den Unterlagen und vor allen den vorenthaltenen Unterlagen. Die Mehrzahl der Mitglieder hatte daran keinerlei Interesse.
  • zum Vergleich: In Schleswig-Holstein wurden bezüglich Abriss des AKWs Brunsbüttel und Neubau von Abrissfabrik und Lager entscheidend mehr Unterlagen ausgelegt, und aktuell legt Niedersachsen bezüglich Abriss des AKWs Unterweser/Esenshamm und dortiger Neubauten noch einmal mehr Unterlagen aus. Baden-Württemberg ist dagegen ein Hort der Geheimniskrämerei, nur zu erklären durch die Interessensgemeinschaft zwischen Land und Betreiber. Hier hätte die Kommission ein Gegengewicht bilden müssen. Stattdessen komplette Fehlanzeige.
  • Die amtliche Erörterung zum GKN-Abriss war eine einzige Farce. So zeigt sich die zynische Strategie des Umweltministeriums: einerseits die Aushebelung der Verfahrensrechte der Bürger, parallel dazu die ohnmächtige Infokommission als Feigenblatt mit Simulation angeblicher Transparenz.
  • Ohne Rückfrage bei den Mitgliedern der Kommission wurden für das nachträglich in Programm für den 26.10.15 aufgenommene Thema der „freigemessenen“ Abfälle auf Deponien nur betreiberfreundliche Referenten aufgenommen, vom Betreiber selbst über das UM und den TÜV bis zum (in der Tagesordnung gar nicht genannten) Öko-Institut, das seit Jahren zur Verharmlosung von Atomkraft umgeschwenkt ist (soweit es sich um die inländischen AKWs handelt)

Fazit:
Der Weiterbetrieb der AKWs ist nicht zu verantworten. Die Infokommission GKN dient aber gerade dem Zweck, den weiteren Betrieb von GKN II bis Anfang 2023 möglichst geräuscharm zu unterstützen.
Die Art, wie AKW-Abriss, Atomtransporte, die Atommülllager und die weitere Freisetzung von Radioaktivität per Abluft, Abwasser, „Herausgabe“ und „Freimessen“ in Baden-Württemberg geplant sind, ist unverantwortlich. Die Infokommission GKN dient aber dem Zweck, diesem Vorgehen Rückendeckung zu verschaffen.

Nicht mit uns!

Verantwortung, Transparenz und Bürgerbeteiligung sehen anders aus!