Die atomare Tragödie – Mahnwache gegen das Verdrängen

Pressemitteilung vom 11.08.2011

Das wirkliche Ausmaß der Atomkatastrophe in Fukushima ist noch nicht bekannt. Gewiss ist: drei anhaltende Kernschmelzen, weiterhin mögliche Explosionen, ununterbrochene Abgabe von radioaktivem Material, welches längst in der Nahrungskette angekommen ist, ständig steigende Strahlungswerte, unermessliches Leid von Menschen. Was steht uns noch bevor? Was wird verheimlicht, verharmlost, verdrängt?

Das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn erinnerte bei der monatlichen Mahnwache am 11.8.11 (Kiliansplatz Heilbronn, 18:30 Uhr) an die Situation in Fukushima und die verzweifelte Lage der Menschen dort. Tief berührte der dort verlesene Text einer 16-jährigen japanischen Schülerin, die Heimat und Freunde verloren hat: „Sie wissen nicht, wann ein für Sie wertvoller Mensch plötzlich verschwindet. Stellen Sie sich vor, dass derjenige, der jetzt nebenan lacht, plötzlich verschwindet. Gehen Sie bitte mit ihm behutsamer um.“

Eine Ansprache erinnerte auch an die beiden anderen, ebenfalls von Menschen gemachten Atomkatastrophen in Japan, anlässlich der kürzlichen Jahrestage der Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki: „Heilbronn kennt die atomare Bedrohung als ehemaliger Raketenstandort, wir fühlen mit den japanischen Opfern der Atombomben. Ebenso kennt Heilbronn die tägliche atomare Bedrohung durch die AKWs in Neckarwestheim, die uns den Menschen in Fukushima nahe bringt.“ Franz Wagner vom Aktionsbündnis: „Wir dulden weder Raketen noch Reaktoren, wir sagen Nein und fordern die sofortige Stilllegung beider Atomreaktoren in Neckarwestheim!“

Ein Augenzeuge aus Fukushima, Herr Tomoyuki Takada, der dort eine Hilfsaktion organisiert, wird bei der für Samstag 13.8.11 angekündigten Demonstration am AKW Neckarwestheim II sprechen und aktuell aus Japan berichten. Die Demonstration fordert einen echten, sofortigen Atomausstieg. Sie beginnt um 14 Uhr am Bahnhof in Kirchheim/Neckar. Informationen der Veranstalter: www.endlich-abschalten.de

Gedicht einer Fukushima-Schülerin

Hilf mir,
ich bin eine Schülerin
aus Minami-Soma in Fukushima.

Durch den Tsunami habe ich Freunde verloren,
meine Freunde haben ihre Eltern verloren,
meine beste Freundin steckt in Minami-Soma, weil sie ohne Benzin nicht fliehen kann.

Nur mit Telefon und Email
kann ich sie ermuntern.

Ich kämpfe jetzt mit der Furcht
vor der Radioaktivität.

Ich bin aber resigniert.

Mit sechzehn
Bin ich bereit für den Tod;
Ich fühle den herannahenden Tod.

Wäre ich auch gerettet,
so müsste ich ständig mit der Furcht vor der Radioaktivität leben.

Die Politiker, der Staat,
die Massenmedien, die Experten,
die Bosse des AKW,
sie alle sind Feinde.
Sie alle sind Lügner.

Das Fernsehen berichtet immer weniger über das AKW,
immer dieselbe Szene des Tsunami,
herzlose Interviews durch die Medien,
Beileidsbekundung nur als Lippenbekenntnis,
der Politiker, der den AKW-GAU als „Naturkatastrophe“ bezeichnet.

Politiker, helfen Sie uns mit Ihrem Gehalt und Ihren Ersparnissen.

Hören Sie auf mit dem Luxus und
helfen Sie den Opfern zu überleben.

Nicht nur Befehle erteilen,
nicht nur von sicheren Orten zuschauen,
sondern bitte vor Ort uns helfen!

Wir sind vernachlässigt,
wahrscheinlich wird Fukushima isoliert.

Wir werden vernachlässigt,
wir werden von dem Staat getötet.

Wir Katastrophenopfer werden dem Staat, der uns vernachlässigt hat, nie verzeihen, wir
werden ihn immer hassen.

Ich möchte demjenigen, der diesen Zettel gelesen hat, mitteilen:

Sie wissen nicht, wann ein für Sie wertvoller Mensch plötzlich verschwindet. Stellen Sie sich vor, dass derjenige, der jetzt nebenan lacht, plötzlich verschwindet.

Gehen Sie bitte mit ihm behutsamer um,
Unsere Schule, in der wir unsere Jugend verbringen, ist zur Leichenhalle geworden,
In der Turnhalle, in der wir Sport und Clubaktivitäten treiben, liegen nun die reglosen Toten.
Wie kann ich die Wahrheit möglichst vielen mitteilen?
Wenn auch nur einer diesen Zettel liest,
wäre ich glücklich.
Ich habe mir überlegt und so einen Zettel geschrieben.
Ich entschuldige mich
und ich bedanke mich.

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Schülerin wohnhaft ganz nah am havarierten AKW Fukushima, veröffentlicht am
30.03.2011 in:
http://ameblo.jp/tsukiji14/entry-10844839979.html
Übersetzt von Herrn Koji Mochizuki aus Köln