10-01-07 - Stuttgarter Zeitung - Dreikönigstreffen - Die Liberalen feiern sich selbst

Stuttgart - Jeder sieht es: die FDP ist wieder wer. Die Kameraleute warten auf Rainer Brüderle. Und da ist er schon. Ein demonstrativ gut gelaunter Wirtschaftsminister zieht von Kamera zu Kamera und sagt staatsmännisch, dass 2010 in der Koalition "ganz hart gearbeitet" werde. Dirk Niebel, ebenfalls Minister, erklärt, dass Dreikönig immer schon so schön wie Regieren gewesen sei. Und enthusiastisch bekennt Birgit Homburger, Chefin der FDP-Bundestagsfraktion: "Langsam wird es bei den Liberalen unübersichtlich, was die Minister angeht. Das hatten wir lange nicht mehr!" Nicht allen gefällt die neue Macht der einst kleinen Partei. Vor dem Eingang zur Staatsoper, wo die Liberalen am Mittwochmorgen zu ihrer Kundgebung zusammenkommen, steht in der Kälte ein älterer Herr mit einem Anti-Merkel-Plakat und schimpft: "Schulden, Schulden – wer soll das bezahlen?"

Zwei Polizisten schauen verwundert, fragen ihn nach seinen Personalien. "Warum wollen Sie das wissen?", erwidert der irritiert. "Ich bin doch kein Terrorist, habe keine Punkte in Flensburg." Nebenan demonstrieren Atomkraftgegner. Früher waren es weniger. Harmonie pur dagegen in der Staatsoper. "Die Stimmung ist gut!", ruft Christian Lindner, der Generalsekretär. Der 31-jährige Wuppertaler ist so etwas wie der neue Liebling und Shootingstar der Liberalen. Er soll dafür sorgen, dass das Profil der FDP geschärft wird. Früher war viel von den Altvorderen die Rede, auch das hat sich geändert. Lindner hält eine Rede, die die Liberalen buchstäblich von den Sitzen reißt. Kein Wunder, sein Vorgänger im Amt, Dirk Niebel, benutzte Sprache als Werkzeug. Er sprach oft schneller, als er dachte, wählte Plattitüden, vergriff sich bisweilen im Ton.

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06.01.2010 - Stuttgarter Zeitung - Marcus Sander und Armin Käfer