2019-09-03 | Energiewende Heilbronn: AKW Neckarwestheim - Doppelt so viele Risse wie vor einem Jahr!
Newsletter vom 03.09.2019 im Newsletter-Archiv des Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn
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- AKW Neckarwestheim: Doppelt so viele Risse wie vor einem Jahr
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Hallo,
Pressemitteilung von .ausgestrahlt vom 03.09.2019:
AKW Neckarwestheim: Doppelt so viele Risse wie vor einem Jahr
Gegenmaßnahmen ohne Erfolg / Erneut Spannungsrisskorrosion in den Dampferzeuger-Heizrohren / Atomkraftgegner fordern endgültige Abschaltung des Schrottreaktors
Zu den 191 neu entdeckten Rissen in den Dampferzeuger-Heizrohren des AKW Neckarwestheim-2 erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:
„EnBW, Sachverständige und die Atomaufsicht haben sich, was die gefährliche Spannungsrisskorrosion in Neckarwestheim angeht, getäuscht. Zum dritten Mal in Folge sind Korrosionsschäden an den von radioaktivem Reaktorwasser durchströmten Dampferzeuger-Heizrohren des AKW festgestellt worden. Zweimal schon haben die Gegenmaßnahmen, die jeweils Bedingung für das Wiederanfahren des Reaktors waren, versagt: Die Rohrschäden nahmen nicht etwa ab, sondern jedes Mal zu.
So meldete EnBW zuletzt im Herbst 2018 Risse an 101 Rohren. Die betroffenen Rohre wurden außer Betrieb genommen, die Dampferzeuger umfangreich gereinigt und die chemische Zusammensetzung des Wasser verändert. Damit, so die Einschätzung von TÜV Nord und Atomaufsicht, sei ‚eine ausreichende Vorsorge gegen die Wiederholung eines solchen Ereignisses getroffen‘ (Umweltministerium, 7.11.2018, Zustimmung zum Wiederanfahren des Reaktors). Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) behauptete gar, die Probleme mit defekten Heizrohren im AKW Neckarwestheim seien behoben (Heilbronner Stimme, 3.5.2019).
Nun enthüllte die erneute Untersuchung der Dampferzeuger 191 weitere Risse. Nach Angaben von EnBW sind einige davon schon älter, also bei der letzten Untersuchung vor einem Jahr schlicht übersehen worden. Demnach war auch die damalige Behauptung der Atomaufsicht falsch, dass alle rissigen Heizrohre außer Betrieb genommen worden seien. Das AKW Neckarwestheim-2 ging im November 2018 vielmehr mit zahlreichen rissigen Heizrohren wieder ans Netz.
Untersteller verkündete damals, die getroffenen Gegenmaßnahmen seien ‚geeignet, um die Schadensursachen soweit wie möglich zu beseitigen und das Schadensrisiko für die Zukunft zu minimieren.‘ (Pressemitteilung des Umweltministeriums vom 7.11.2018) Die 191 weiteren Risse, die nun aufgetaucht sind, sprechen eine ganz andere Sprache.
Ein Abriss nur eines einzigen der mehr als 16.000 Heizrohre wäre bereits ein schwerer Störfall. Bei zwei oder mehr betroffenen Rohren wäre dieser auslegungsüberschreitend, eine Kernschmelze möglich. ‚Wir flicken bis zum Super-GAU – EnBW‘ projizierten Atomkraftgegner deshalb vor einem Jahr auf die Reaktorkuppel.
EnBW hat gestern angekündigt, mit den rissigen Rohren wie im letzten Jahr verfahren zu wollen. Umweltminister Untersteller muss dieses gefährliche Hazardspiel endlich beenden. Der inzwischen 30 Jahre alte Schrottreaktor vor den Toren Stuttgarts darf nie wieder in Betrieb gehen.“
Pressemitteilung der AG AtomErbe Neckarwestheim vom 02.09.2019:
Leider wurden nun zum dritten Mal neue korrodierte Heizrohre in den Dampferzeugern des AKW Neckarwestheim entdeckt.
Dazu muss man wissen, dass diese Korrosion im Betrieb jederzeit auch sprunghaft auftreten kann, ohne dass es Warnzeichen gibt. Erst in der nachfolgenden Revision des AKWs, also typischerweise in Jahresabständen, kann man danach suchen. Meistens wird nicht gezielt gesucht, dann übersieht man auch Schäden. Dieses Mal wurden zwar alle Rohre untersucht, aber vermutlich nicht auf ganzer Länge.
Heute Nachmittag haben die EnBW und das baden-württembergische Umweltministerium (Atomaufischt) die neuen Befunde bekannt gemacht, die aber offenbar schon im Laufe der letzten Wochen entdeckt worden sein müssen.
Wenn Schrott und Unfähigkeit zusammenkommen, hängt die Sicherheit am seidenen Faden.
Zu den weiter vermehrten Rissen an Dampferzeuger-Heizrohren im AKW Neckarwestheim II
Leider waren auch beim zweiten Anlauf die vom Umweltministerium gedeckten Versuche der EnBW, die höchst gefährliche Riss-Korrosion im Reaktor des AKWs GKN II zu stoppen, erfolglos. Im letzten 3/4 Jahr wurde mit dem AKW ein riskanter Blindflug zu unser aller Lasten betrieben, und heute mussten das baden-württembergische Umweltministerium und die EnBW bekannt geben, dass die Risse sich weiter vermehrt haben.
In den offensichtlich miteinander abgestimmten Pressemitteilungen des Betreibers und der Atomaufsicht (warum heißt die eigentlich noch so?) hat man sich allerdings größte Mühe gegeben, das Problem zu verharmlosen, man muss also genau hinsehen.
Wenn das Ministerium schreibt:
"Der Betreiber hat dem Umweltministerium eine erste Auswertung vorgestellt. Er berichtete, dass es sich um denselben Schadensmechanismus handelt, der auch für die in der Revision 2018 festgestellten rissartigen Befunde mit Spannungsrisskorrosion ursächlich war", dann heißt das, dass man die Sache überhaupt nicht im Griff hat, man hat also irgendwas getan, offenbar ohne zu verstehen warum, und braucht sich nun nicht zu wundern, dass es nichts gebracht hat.
Und wenn es weiter heißt „Der Betreiber hat ein Reparaturkonzept vorgestellt, das sich an die Vorgehensweise von 2018 anlehnt“ (also wieder nur ein paar Rohre verstopfen), dann klingt das so, als wolle die Atomaufsicht die EnBW gerade so wie beim letzten Mal weiter improvisieren lassen.
Beim genauen Lesen der EnBW-Mitteilung wird es dann richtig gruselig. Dort heißt es:
„Entscheidend ist dabei, dass wir mit diesem Verfahren sehen, dass nur ein Teil der aktuellen Befunde nach der letztjährigen Revision neu entstanden ist. Unsere damals ergriffenen Maßnahmen, die ihre Wirksamkeit erst über mehrere Jahre und Betriebszyklen hinweg voll entfalten können, zeigen also bereits erste Erfolge“.
Das heißt im Klartext: die EnBW rechnet also fest damit, dass auf Jahre hinaus immer noch neue Spannungsrisse hinzukommen werden.
Man fragt sich: sind die Verantwortliche bei EnBW und Umweltministerium denn wahnsinnig geworden, die Menschen und das Land immer weiter in Gefahr zu bringen?
Was muss denn im Neckarwestheim und Philippsburg nach den Serien ungeklärter Alterungsschäden an Heizrohren, Brandschutzklappen, Notstromdieseln und anderen Sicherheitseinrichtungen sowie der Serie von Management- und Qualitätssicherungsversagen noch passieren, damit in Baden-Württemberg endlich diese beiden Zeitbomben GKN II und KKP 2 sofort abgeschaltet werden?
Pressemitteilung des BUND-Landesverbandes Baden-Württemberg:
BUND Kommentar
AKW Neckarwestheim bleibt unsicher
Stuttgart. Das AKW Neckarwestheim befindet sich zurzeit in Revision und ist deshalb abgeschaltet. Wie mit dem Umweltministerium vereinbart, wurden bei der Revision alle 16.000 Heizrohre einer Untersuchung unterzogen. Dabei wurden bei circa 1,2 Prozent der Rohre sicherheitstechnisch relevante rissartige Wanddickenschwächungen festgestellt. Die Untersuchungen wurden angeordnet, nachdem bereits 2018 bei 101 Rohre entsprechende Schäden entdeckt wurden.
„Im Koalitionsvertrag hatte Grün-Schwarz noch erklärt, bei der Überwachung der Atomkraftwerke keine Abstriche zu machen“, erklärt Brigitte Dahlbender, Vorsitzende des BUND Baden-Württemberg. „Das ist nun eindeutig nicht der Fall. Das Umweltministerium als Aufsichtsbehörde hatte 2018 der EnBW AG grünes Licht gegeben und ihr erlaubt, mit einer geänderten chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeiten das AKW weiterzubetreiben. Nun hat die EnBW selbst den Beweis dafür geliefert, dass sie ihr AKW nicht im Griff hat. Das Prinzip Hoffnung reicht nicht. Neckarwestheim darf nach der Revision nicht wieder ans Netz gehen.“
Der BUND weist darauf hin, dass ein derartiger Störfall schon im Jahr 2014 vom AKW-Fachmann Helmut Mayer beschrieben wurde. Mayer beschreibt ein Szenario, in dem Wasser aus dem Sekundärkreislauf durch Risse in den Heizrohren in den Primärkreislauf gelangt und den Borgehalt im Primärkreislauf so weit verdünnt, dass im Reaktor auch bei eingefahrenen Steuerstäben eine unkontrollierbare Kettenreaktion stattfindet und damit im schlimmsten Fall ein Super-GAU starten würde.
Das erscheint auf den ersten Blick sehr unwahrscheinlich, da der Druck im Primärkreislauf unter Betriebsbedingungen sehr viel höher ist als im Sekundärkreislauf. Bei einem Heizrohrleck wird jedoch der Druck automatisch angeglichen, um zu vermeiden, dass radioaktives Wasser aus dem Primär- in den Sekundärkreislauf und in die Umwelt gelangt. Aufgrund physikalischer Gesetze können bei der Druckabsenkung im Primärkreislauf Dampfblasen entstehen. Dann kommt es in dem Szenario zu Kavitation der Hauptkühlmittelpumpen und zum Eindringen von unboriertem Wasser aus dem Sekundär- in den Primärkreislauf.
Mayer kommentiert 2014: „Dieser Störfallverlauf ist bisher weder in den Betriebshandbüchern der Kernkraftwerke beschrieben noch mit dem Betriebspersonal geschult oder trainiert worden, und er ist auch den Kernkraftwerks-Krisenstäben nicht bekannt“.
Die Reaktorsicherheitskommission hat sich im Dezember 2014 mit diesem Szenario befasst und erklärt, die Menge an borfreiem Wasser, die in den Reaktorkreislauf eindringen könne, reiche nicht aus, um zu einer nicht beherrschbaren Kettenreaktion zu führen. Dem hält der Diplomingenieur in einem Interview mit dem .ausgestrahlt-magazin entgegen, dass ihre Berechnung nur funktioniert, wenn das Volumenregelsystem des Reaktors nicht verfügbar ist. Dieses System wird auf das Eindringen von Wasser aus dem Sekundärkreislauf mit der Entnahme von boriertem Wasser reagieren, was zur weiteren Verdünnung führt.
Die Pressemitteilung des Umweltministeriums und ein Bericht (pdf) aus dem letzten Jahr sind hier zu finden: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/befunde-bei-wirbelstrompruefungen-an-dampferzeuger-heizrohren-im-kernkraftwerk-neckarwestheim-block-1/
Die Pressemitteilung der EnBW:
https://www.enbw.com/unternehmen/presse/pressemitteilungen/presse-detailseite_214912.html
Energiewende-HN-Treffen
Unser nächstes Energiewende-Treffen findet am 11.09.2019, 19:30 Uhr im Sozialen Zentrum Käthe, Wollhausstraße 49, Heilbronn statt.
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Daniel vom Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn
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