02.06.2022
Gemeinsame Pressemitteilung
Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn, BUND Heilbronn,
Lokale Agenda 21 Heilbronn, Parents for Future Heilbronn
Deutschland steigt aus dem Erdgas aus – die EnBW steigt ein
Fossile Investitionsruine in Heilbronn geplant - subventioniert auf Kosten der Stromverbraucher/innen
Die EnBW hat heute mitgeteilt, dass sie die Investitionsentscheidung für das zweitgrößte Erdgas-Kraftwerk Deutschlands in Heilbronn getroffen hat.
Dazu erklären die Unterzeichner:
Während Millionen Hausbesitzer in Deutschland aktuell den Ausstieg aus der fossilen Erdgas-Heizung planen, steigt die EnBW in ganz großem Maßstab in die Verbrennung von fossilem Erdgas ein.
Erdgas aus Russland: Besonders schockierend ist vor dem Hintergrund der Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine die stolze Mitteilung der EnBW vor zwei Wochen ein „sanktionskonformes Verfahren“1 zur Bezahlung russischen Erdgases in Rubel entwickelt zu haben. Wir fragen den Staatskonzern EnBW: Wird also auch aus Heilbronn künftig der russische Angriffskrieg finanziert?
Klimaschädliches Flüssiggas & Fracking: Parallel investiert die EnBW in ein Flüssiggas-Terminal, um damit besonders ineffizient das besonders klimaschädliche Fracking-Gas zu importieren.2 Wie klimafreundlich gegenüber der Kohle ist dann überhaupt noch die CO2-Bilanz dieser Investition?
Extrem teure Wärme: Laut den Erklärungen der EnBW wird das Erdgaskraftwerk künftig nur bei einem Mangel an erneuerbarer Erzeugung betrieben. Nur in diesen Zeiten kann die Abwärme der Stromerzeugung in das Heilbronner Fernwärmenetz eingespeist werden. Für die Zeiten ohne Betrieb der Gasturbine plant die EnBW gigantische Erdgasheizkessel neben dem Kraftwerk aufzubauen. Diese sind laut allen Energieexperten nicht wirtschaftlich mit Wasserstoff zu betreiben, da der aufwändig herzustellende Wasserstoff nur für Prozesse verwendet werden kann, die nicht anders zu versorgen sind. Für Wärme gilt das nicht.
Der kommunalpolitische Konflikt ist vorprogrammiert: Die Stadtverwaltung Heilbronn wird - wie alle Kommunen in BaWü - zeitnah einen kommunalen Wärmenutzungsplan auf der Basis erneuerbarer Energien erstellen lassen.3 Wie geht das mit dieser geplanten Erdgaslösung für die Fernwärme in Heilbronn zusammen? Oder anders gefragt: Wie untergräbt diese den kommunalen, erneuerbaren Wärmeplan?
Industrielle Wärmeverbraucher zeigen EnBW-Projekt die kalte Schulter: Bei den Wasserstoff-Plänen widerspricht sich auch die EnBW selbst und macht dadurch offensichtlich, dass es sich dabei nur im Greenwashing für ein sonst verfassungswidriges Klimazerstörungsprojekt handelt. Der Betrieb der Gasturbine mit teurem Wasserstoff sei laut EnBW nur wirtschaftlich, wenn der Strompreis besonders hoch ist. Dass sei bei zunehmendem Ausbau der Erneuerbaren immer seltener der Fall. Also müssen die Gasheizkessel immer häufiger einspringen. Das ist mit Wasserstoff dann die teuerste Form der Wärmeerzeugung. So geht Energiewende in Extremteuer. Kein Wunder, dass in den letzten Monaten bereits mehrere große Wärmeverbraucher im Heilbronner Industriegebiet ihre eigenen Wärmeprojekte öffentlich gemacht haben.4
Bundesregierung subventioniert Erdgas: Schuld an der Investitionsruine ist aus unserer Sicht aber die Bundesregierung. Für das Projekt mit zwei gleichgroßen Anlagen in Heilbronn und Altbach/Deizisau investiert die EnBW laut eigenen Angaben einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Nach Recherchen des ARD-Wirtschaftsmagazins plusminus zum Heilbronner Projekt5 erhält die EnBW allein hier 30 Millionen Euro pauschal als Kohleersatz-Bonus plus noch einmal 870 Millionen Euro (!) für die ersten 30.000 Vollbenutzungsstunden. Dies liegt weit über der bislang angegebenen Investitionssumme von ca. 500 Mio. Euro!
Für die EnBW also im wahrsten Sinne des Wortes „ein Bombengeschäft“ auf Kosten des Stromverbrauchers und der Menschen in der Ukraine.
Alternativen stehen bereit: Warum werden für diese enorme Fördersumme nicht alternative Lösungen zur Schaffung einer vernetzten erneuerbaren Grundlastlösung in der Region angestrebt? Das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn fordert seit Jahren die Stilllegung des Kohlekraftwerks bis 2025. Dafür sind nach Berechnungen des Energiewende-Bündnisses die Ausstattung aller geeigneten Dachflächen mit Photovoltaik-Anlagen, zusätzlich der Bau von Solarparks oder Agri-Photovoltaik-Anlagen auf 2-3 Quadratkilometern Fläche sowie der massive Ausbau der Windkraft ergänzt durch inzwischen verfügbare Speicher- und Spitzenlastlösungen notwendig. Der Gemeinderat kann dafür die Rahmenbedingungen setzen.
Unterzeichner:
D. Knoll für das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn
T. Bergunde für die Lokale Agenda 21 Heilbronn
J. Krüger für die BUND Heilbronn
P. Titus für die Parents for Future Heilbronn
1 18.05.2022, Zeit online, EnBW: Mechanismus zur Bezahlung russischer Gasimporte steht, https://www.zeit.de/news/2022-05/18/enbw-mechanismus-zur-bezahlung-russischer-gasimporte-steht
2 31.03.2022, EnBW, EnBW baut Aktivitäten im Bereich Flüssiggas aus und startet Partnerschaft mit Hanseatic Energy Hub in Stade, https://www.enbw.com/unternehmen/presse/enbw-baut-aktivitaeten-im-bereich-lng-aus.html
3 Stadtzeitung Heilbronn, Nr.11/2022, S.1
4 Südwestdeutsche Salzwerke und Brüggemann, 11.05.2022, Heilbronner Stimme, Schritt zur Klimaneutralität: Südwestdeutsche Salzwerke setzen auf eigene Wärme- und Stromversorgung, https://www.stimme.de/regional/region/suedwestdeutsche-salzwerke-bauen-holzkraftwerk-art-4624190
5 09.02.2022, ARD plusminus, Video: Alles auf Gas - Klimafreundliches Erdgas? Ab Minute 5:00, https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/videos/erdgas-energiewende-kohleausstieg-video-100.html
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