Brunnenvergiftung für kurzen Gas-Rausch?
Fracking-Vortrag im Heilbronner Gewerkschaftshaus
Sind zwölf Jahre billiges Erdgas es wert, große Grundwasservorkommen mit einer Vielzahl teilweise hochgiftiger Chemikalien zu verunreinigen? Auf diese Frage lässt sich die Diskussion um das „Fracking“, die unkonventionelle Erdgasförderung, zuspitzen.
Auf Einladung von BUND und Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn berichtete Annamaria Waibel vom BUND Ortsverband Pfullendorf am 09.09.2013 im Gewerkschaftshaus Heilbronn über die Fracking-Pläne in Oberschwaben und über mögliche Auswirkungen.
Beim Fracking wird Wasser, gemischt mit einer Vielzahl von Chemikalien, unter hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten gepresst, um gebundenes Erdgas daraus zu lösen. Das mit Chemikalien verschmutzte Wasser, das aus den Bohrlöchern zurückfließt, wird später meist in alte Bohrlöcher verpresst.
Schon die Abbildung einer amerikanischen Bohrstelle, die einer Raffinerie ähnlich sieht, löste bei den knapp 30 Zuhörern Unbehagen aus, das sich bei der Ansicht einer durch zahlreiche Bohrungen, Zufahrten und Abwassersammelbecken entstellten Landschaft noch steigerte und bei der beispielhaften Aufzählung der eingesetzten Chemikalien – von Tensiden über Säuren bis zu Bioziden – den Höhepunkt erreichte. Von 260 in den USA beim Fracking eingesetzten Chemikalien gelten 38 Substanzen als toxisch für die menschliche Gesundheit, 17 Substanzen als toxisch für aquatische Organismen, 8 Substanzen als krebserregend und 7 weitere als vermutlich krebserregend, 7 als mutagen und 5 als schädlich für die Fruchtbarkeit, so Annamaria Waibel.
Die beim Fracking eingesetzten Chemikalien können über die Bohrlöcher, über natürliche oder beim Fracking entstandene Risse in das oberflächennahe und als Trinkwasser genutzte Grundwasser oder ins Oberflächenwasser gelangen. Im Einzugsbereich des Bodensees, aus dem neben mehreren Millionen anderer Menschen auch die Stadt Heilbronn und viele Gemeinden im Landkreis ihr Trinkwasser beziehen, ist das besonders fatal.
Den Risiken für Gesundheit und Grundwasser steht die Aussicht auf einen kurzen Rausch gegenüber: Die in Deutschland vermuteten Erdgasreserven, die sich durch Fracking gewinnen lassen, reichen beim erwarteten Ausbeutungstempo für etwa 12 Jahre. Trotzdem lassen sich viele Politiker von der Aussicht auf billiges Gas berauschen: Nicht nur EU-Energiekommissar Oettinger ist ein glühender Befürworter des Fracking, auch der Bundestag hat Anträge für ein Fracking-Verbot und für ein Moratorium mit der schwarz-gelben Mehrheit abgelehnt. Nicht einmal der Antrag, wenigstens die Empfehlungen des Umweltbundesamts zu berücksichtigen, fand eine Mehrheit.
Derzeit haben zwei Firmen die Erlaubnis, die Erdgasvorkommen in drei Feldern zu untersuchen, die zusammen fast ganz Oberschwaben vom Hegau bis zur Iller und sogar einen Teil des Bodensees umfassen. Frau Waibel kritisierte das antiquierte Bundesberggesetz, das weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorsieht. Nach der geltenden Rechtslage ist es äußerst schwierig, eine Genehmigung zu widerrufen, nachdem die erste Genehmigung, die „Aufsuchungserlaubnis“ erteilt wurde.
Nach einer ausführlichen Diskussion über juristische, politische, naturwissenschaftliche und energiewirtschaftliche Aspekte beschlossen die Zuhörer einstimmig, die Korbacher Resolution zu unterstützen. Diese fordert ein sofortiges Fracking-Verbot, ein Import- und Handelsverbot von fossilen Energieträgern, die aus Fracking stammen, ein Verbot der Verpressung des Rückflusses oder der untertägigen Ablagerung von Abwässern, eine Novellierung des Bergrechts und eine konsequente Energiewende mit Abkehr von fossilen Brennstoffen, Ausbau der erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz.
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